Die Herkunft - Der BERGER DE BEAUCE oder BEAUCERON
Aus dem 1. Zuchtbuch des „Club für französische Hirtenhunde e.V.“ 1977-1978
von L. Billet, Präsident des Clubs „Les Amis du Beauceron“, übersetzt von Josef Müller
Der Beauceron ist viel bekannter unter dem Namen „bas rouge“, d.h. Rotstrumpf, wegen seiner lohfarbenen Flecken an den Extremitäten. Es handelt sich hier um eine sehr alte französische Hütehundrasse, deren aktueller Typ das Ergebnis strenger Zuchtauswahl ist ohne jede Vermischung mit fremdem Rasseblut. In allen, auch den ältesten kynologischen Abhandlungen, wird der Berger de Beauce beschrieben als der alte Hütehund mit kurzem Haar und alle Autoren bescheinigen ihm gleichermaßen die natürlichen Fähigkeiten zur Hütearbeit.
Die Arbeit, die er ursprünglich erledigte, bestand in der Überwachung der Schafe auf der Weide und im Führen auf der Landstraße. Dabei gestattete ihm seine außergewöhnliche Robustheit, ohne Ermüdungserscheinungen bis zu 80 km am Tag zurückzulegen.
Im Lauf des 19. Jahrhunderts waren die großen Schafherden recht zahlreich. Man fand sie auf den großen Ebenen so oft wie in den gebirgigen Regionen. Der Hütehund war also eine unverzichtbare Hilfe für den Schäfer: zwei Hunde genügten ihm, um 200 bis 300 Schafe zu hüten.
Aber die Schafzucht nahm beträchtlich ab, denn unser Bestand, der 1853 ca. 3 350 000 und 1913 ca. 1 621 000 Tiere betrug, fiel 1977 auf ca. 12 000 000 Köpfe.
Dazu hat noch das heutige Verkehrsaufkommen die Arbeit des Hundes beim Geleit von einer Weide zur anderen beeinträchtigt. Die neuen Methoden der Schafzucht haben ebenfalls die Arbeit des Hundes begrenzt, da die große Mehrzahl der Schafe heute im Pferch gehalten wird.
Unter diesen Bedingungen hat der Schafzüchter kein Bedürfnis mehr nach einem für die Schafarbeit so spezialisierten Hund.
Das ist der Grund, warum unser Club „LES AMIS DU BEAUCERON“, der für die Rasse verantwortlich ist, sich dafür entschieden hat, die Entwicklung des Beauceron in andere Gebrauchsbereiche zu orientieren, besonders in die Richtung der Verteidigung und Bewachung von Eigentum, um zu verhindern, daß sich Züchter anderen Rassen zuwenden und somit die Auslöschung dieser sehr alten französischen, mit wahrhaft außergewöhnlichen Qualitäten begabten Rasse hervorrufen.
Zur Zeit wird der Beauceron für die Hütearbeit, für den Schutz des Eigentums, für die Verteidigung, die Fährtenarbeit und in den Diensten der Armee und des Sanitätsbereichs verwendet.
1888 verwendet Pierre Megnin zum ersten Mal die Bezeichnung „Beauceron“ für die Hunde mit kurzem Haar. Diese Bezeichnung gibt entgegen einer weitverbreiteten Meinung keinesfalls an, daß die Beauce die Ursprungsregion der Rasse ist. In früheren Zeiten gab es einen alten Schäferhundtyp: einem mit kurzem Haar, der andere mit langem Haar. Dieser Typ wurde in allen Gegenden Frankreichs verwendet.
1896 entschloß sich eine Kommission, den kurzhaarigen Hund „Beauceron“ und den langhaarigen „Briard“ zu nennen, um diesen gleichen Typ auszudifferenzieren, aber keineswegs, um damit die Herkunft, sei es nun aus der Beauce oder der Brie, anzugeben. Die Kommission setzte sich zusammen aus den Herren Milne Edwars, Leiter des Naturgeschichtsmuseums, Ernest Menault, Generalinspekteur des Landwirtschaftsministeriums, Paul Dechambre, Professor für Zootechnik an der Veterinärsakademie Alfort, Emmanuel Boulet und Servette, Züchter, sowie Schafherdenbesitzer.
Diese Beaucerons ähnelten kaum den von heute. Sie hatten eine feinere Schnauze, mit enganliegendem, kurzen Haar, die Ohren wurden entweder naturbelassen aufrecht oder aber kupiert getragen; das Fell setzte sich zusammen aus einem ziemlich harten, halblangen Deckhaar mit überreichem verzotteltem Unterhaar. Die häufigste Fellfarbe war schwarz und lohfarben, letzteres war wesentlich blasser als heute. Es gab ebenfalls eine kleine Anzahl mit schwarzer und grauer Fellfarbe, in der mehr oder weniger weiß eingemischt war. Die Rute war sehr behangen und formte eine Art Federbusch. Der heutige Standard anerkennt nur die Fellfarben „schwarz und lohfarben“ und „arlequin“, diese letzte Fellfarbe ist übrigens immer seltener zu sehen.
Es ist ein mächtiger, sehr aktiver und bei der Arbeit sehr harter Hund, mit einer außergewöhnlichen Ausdauer, mit wacher Intelligenz und einem sehr ausgeprägten Gehorsam. Treu und sehr mit seinem Herrn verbunden, lieb mit den Familienangehörigen, betet er die Kinder an, besonders, wenn er mit ihnen groß wurde. Seine Neigung, Herden zu hüten, zu führen, ist ihm angeboren, sie wurde ja auch in der Zucht sorgfältig bewahrt seit Jahrhunderten. In den Wettbewerben zu Schafehüten ist er bemerkenswert und er gewinnt fast jedesmal das Championat von Frankreich in dieser Disziplin. Diese Prüfung wird jedes Jahr im Frühling in Salon-de-Provence von der Societe canine de Midi - Côte d´Azur organisiert.
Da er vom Charakter her mit Fremden sehr mißtrauisch ist, ist der Beauceron der ideale Hund zum Bewachen von Eigentum. In dieser Funktion wird er immer mehr verwendet. Seine Mächtigkeit und sein harter Blick erzwingen den Respekt. Er ist auch ein wertvoller Schutz- und Polizeihund. Mehrere Beaucerons haben in dieser Disziplin das Championat von Frankreich erworben.
Es war ebenfalls ein Beauceron, „Sir du Parfait“, der 1973 beim Schweizer Sanitätshund-Championat aller Rassen mit 591 Punkten den ersten Platz gewonnen hat. Ebenfalls hat ein Beauceron, „Ulex du Jardin du Roy“ in einem Wettbewerb von 33 Hunden aus 6 Ländern in Italien den zweiten Platz beim Europa-Championat für Schutz-u.Sucharbeit 1977 gewonnen. Er erhielt dabei 333 Punkte von 340 möglichen.
Der große Kynologe Paul Megnin, Leiter der Hundezucht der 7. Armee und dann Adjutant im Kriegsministerium 1914 - 1918 für den Kriegshundedienst, schreibt in seinem Buch „ Die französischen Hunde als Soldaten im Großen Krieg“ von den Beaucerons: „Bekannter unter dem Namen „Bas-rouge“ sind diese Beaucerons rustikale, intelligente und mit großen Qualitäten begabte Tiere. Sie haben sich im Verbindungsdienst bewährt“. Paul Megnin hatte als Begleiter während seines Armeedienstes den Beauceron „Faro“, einen Schutzhund, den Theodor Dretzen, berühmter Züchter und Präsident des Clubs „Les Amis du Beauceron“ der Armee ausgeliehen hatte.
2180 Geburten wurden ins französische Zuchtbuch L.O.F., das vom französischen Landwirtschaftsministerium anerkannt wird, eingetragen, im Jahr 1977.
Im nationalen Rahmen sind ungefähr 10 000 Tiere eingetragen neben einer geschätzten Zahl von fast 38 000 nicht eingetragenen Tieren. Der Beauceron ist wieder sehr gefragt; obwohl die Geburten im Vergleich zu 1973 um 136% angestiegen sind, muß man doch mehrere Monate warten, um sich einen Hund aus guter Linie beschaffen zu können.
Ich wünsche sehnlichst, daß diese alte französische Rasse mit zahlreichen und außergewöhnlichen Qualitäten mehr und mehr gebraucht wird, daß sie einen ausgewählten Platz unter den Rassen der 1. Gruppe einnimmt. Sie lohnt die Mühe, glauben Sie´s mir.
Seit langem gibt es Liebhaber dieser Rasse in Deutschland. Im Zuchtbuch Nr. 2 aus dem Jahr 1979 ist erstmals ein Beauceron: „Otto du Val de Seine“ unter der Nr. CFH-BE. 1 eingetragen. CFH ist die Abkürzung für den 1976 gegründeten „Club für französische Hirtenhunde e V.“ der so heute noch besteht und die 3 Rassen Briard, Picard und Beauceron betreut.
Zwingernamen für die Rasse Beauceron wurden erstmals 1979 geschützt; gezüchtet wurde aber erst ab 1986 im CFH. Der Beauceron erfreut sich immer größerer Beliebtheit bei den Liebhabern dieser Rasse die einen unbestechlichen, mit Robustheit und großer Ausdauer ausgestatteten Begleiter suchen. Das Schicksal eines „Modehundes“ blieb ihm, wie die Zahlen oben zeigen, bis jetzt erspart.
Ursprünglich nur seinem Schäfer treu ergeben und unentbehrlich für das Bewachen und Beschützen der Herde vor Angreifern, bewacht und schützt er heute seine Familie und deren Eigentum. Dieser mächtige Hund strahlt Autorität aus und bellt nur, wenn es wirklich notwendig ist. Dann aber mit tiefer kräftiger Stimme. Gegen Fremde ist er freundlich und gleichzeitig überaus wachsam. Bei wirklicher Gefahr wird dieser sehr besonnene Hund, der eine hohe Reizschwelle hat, in Sekundenschnelle zum Schutz gegen alles, was seiner Familie gefährlich werden könnte. Eine enorme Robustheit, Gesundheit und große Unempfindlichkeit gegenüber Schmerzen zeichnen ihn besonders aus. Der Beauceron „arbeitet“ sehr gerne und das sehr hart, was man berücksichtigen muß, wenn dieser Rassehund ins Haus kommen soll. Man muß mit ihm arbeiten! Sein Einsatzgebiet reicht von A (wie Agility) bis Z (wie Zoll), zumindest eine Begleithundeprüfung soll man anstreben. Dann zeigt sich, ob er zum Schutz- oder Fährtenhund geeignet ist. Bei fast allen Beaucerons ist meistens eine gleich gute Veranlagung feststellbar. Konsequent erzogen und artgerecht gehalten, ist ein Beauceron etwas überaus Wertvolles. Er ist ein Hund, der Ihnen ein Leben lang sein Herz zu Füßen legt.
Der Berger de Beauce soll im Wesen ruhig-mutig sein. Hunde, die eine grundlose Aggressivität zeigen, ängstlich oder übertrieben scheu sind, müssen disqualifiziert werden.